ARA setzt Daten-Dashboards und neues Website-Design gegen Abwanderung ein

Anna Cuyàs, Growth & Product Team Lead (Mitte), und Pablo Casals, CMO (rechts), stellen bei einer Table Stakes Europe-Session 2020 ihr Projekt vor. (Links: TSE-Coach Stephane Mayoux.)

Der spanische Verlag hat neue Dashboards entwickelt, die Einblicke über die Performance seines Online-Contents bieten und der Redaktion bei der Planung helfen. Zudem hat das Unternehmen seine Website und App überarbeitet. Hierdurch wuchs die Einbindung der Leserschaft, und die Abwanderungsquote sank.


Über den Verlag: Die 2010 gegründete und in Barcelona ansässige Nachrichtenmarke ARA veröffentlicht auf ihrer Website ara.cat und in ihrer App Inhalte in Katalanisch, Spanisch und Englisch. Zudem bringt sie eine tägliche Printausgabe in katalanischer Sprache heraus. ARA führte 2015 eine Bezahlschranke ein, und Mitte 2022 besaß die Marke zusammengenommen über 41.000 Print- und Digitalabonnenten. Das Unternehmen zählt rund 130 Beschäftigte, davon 100 in der Redaktion.


Als ARA von 2019 bis 2020 am Table Stakes Europe-Programm (TSE) teilnahm, waren viele Ziele darauf ausgerichtet, den Verlag bei der Umsetzung eines datengestütztes Ansatzes für Content-Planung zu unterstützen. Im Laufe des Programms führte das Unternehmen eine Registrierungsschranke zur Erfassung von Nutzerdaten ein und konzipierte ein neues internes Dashboard zum Verhalten der Zielgruppe. Ebenso begann ARA, Inhalte regelmäßiger im Tagesverlauf zu veröffentlichen, und ermittelte und reduzierte Artikel, die nur wenig Echo fanden. (Weitere Informationen zu den Erfolgen von ARA im Rahmen von TSE enthält eine vorige Fallstudie.)

Zwei Jahre später hat ARA Daten noch stärker in die Workflows ihrer Redaktion eingebettet. Bei Einführung der Registrierungsschranke wurden lediglich Meinungsartikel hinter ihr platziert. Doch seit damals hat der Verlag den Großteil (über 80%) seiner Inhalte hinter die Registrierungsschranke verschoben und konnte so noch mehr Daten über das Verhalten seiner Leser erfassen.

Die Daten werden nunmehr verwendet, um Redakteure über die Leistung ihrer Abteilungen – gemessen an Seitenaufrufen und Lesezeit – zu informieren, während die Redaktion anhand dieser Daten die Themen ermittelt, die in neue Abonnements und Registrierungen münden.

Eine vom Redaktionsteam häufig verwendete Kennzahl ist der Anteil von Inhalten, die von mindestens 80% des Zielpublikums konsumiert werden. Diese Benchmark wird herangezogen, um die Ziele der Redaktion festzulegen.

„Wir können zu einer Abteilung gehen und sagen, dass 40% ihrer Inhalte gelesen werden, wir aber 50% daraus machen wollen. Oder wenn 12% erreicht werden, versuchen wir 15%“, macht Anna Cuyàs, Growth & Product Team Lead bei ARA, deutlich.

In den Dashboards von ARA erhält jeder Artikel eine Note von A bis D. Die Bewertung stützt sich auf drei Kennzahlen – generierte Abonnenten, Registrierungen und Seitenaufrufe –, wobei jedoch nur der leistungsstärkste Faktor Berücksichtigung findet.

„Mit dieser Bewertung verstehen die Chefredakteure sofort, welche Artikel und Themen gut abschneiden. Sie hilft ihnen, die Inhalte zu generieren, die unser Zielpublikum wirklich interessieren“, so Cuyàs weiter.

Mit dem Dashboard von ARA werden Artikel auf Basis der generierten Abonnenten, Registrierungen und Seitenaufrufen mit einer Note von A bis D bewertet. (Screenshot von: David Quiñonero, Business Intelligence & Data Manager)

Überarbeitete Website und App begrenzen Abwanderung

Ein weiteres wichtiges Ziel von ARA während TSE bestand darin, die Abwanderungsquote zu begrenzen. Dieses Vorhaben führte schließlich dazu, dass Website und App des Verlags überarbeitet wurden. Die aktualisierten Versionen der Website und der App wurden im Januar 2021 lanciert. Tatsächlich ist die Abwanderung seit damals gesunken, während die Seitenaufrufe pro Session gestiegen sind.

Die aktualisierte Website und App umfassen drei Rubriken mit verschiedenen Content-Typen. Die Hauptrubrik ist mit einer standardmäßigen Nachrichtenwebsite/-App vergleichbar – mit zusätzlichem Schwerpunkt auf verschiedenen Themen zur Strukturierung von Inhalten. Die neuesten Nachrichten finden sich in einer separaten Rubrik, und dieser Newsfeed wird den gesamten Tag über aktualisiert.

Die dritte Rubrik enthält die investigativen Texte von ARA in ihrer Langform. Ziel ist, diese Inhalte in einem separaten Bereich hervorzuheben, damit sie nicht in den häufiger aktualisierten Bereichen der Website untergehen. Gegen Ende 2022 wird diese Rubrik um eine individuell anpassbare Komponente erweitert, sodass eine Art „Netflix der Zeitung“ entsteht, macht Pablo Casals, CMO von ARA, deutlich.

Die neue Fassung der Website beinhaltet ebenfalls eine Erweiterung der Nutzerkommentare mit neuen Funktionen, mit denen sich eine Community oder ein „soziales Netzwerk“ für die Leserschaft aufbauen lassen. Neben der Kommentierung von Artikeln können Abonnenten anderen Lesern folgen, sie erwähnen und den Autoren von ARA folgen, die sich ebenfalls in die Unterhaltungen einklinken können.

„Sinn des Ganzen war, eine zusätzliche Einbindung zu bewirken“, erläutert Casals. Beispielsweise werden Nutzer, die ihre Benachrichtigungen aktivieren, informiert, wenn andere Leser ihnen antworten oder sie erwähnen. Damit ist die Hoffnung verbunden, Leser zur regelmäßigen Nutzung der App zu bewegen.

Wie eine Bezahlschranke in einem herausfordernden Markt umgesetzt wird

Wie bereits erwähnt, gelang es ARA nach ihrer Teilnahme an TSE, die Abwanderungsquote zu reduzieren, zumal sich die verschiedenen verwandten Maßnahmen allmählich auszahlen. Gleichwohl erwies sich 2021 im Hinblick auf die Gewinnung neuer Abonnenten als Challenge. „Zwar gab es Wachstum – die Zahl der Abonnenten stieg von rund 40.000 auf über 41.000 –, doch wurden die Hoffnungen enttäuscht“, sagt Casals.

Das lag teilweise daran, dass bei der Lancierung der neuen Website einige technische Probleme der Gewinnung neuer Abonnenten entgegenstanden. Hinzu kommt, dass nach dem „Covid-Bump“, den 2020 zahlreiche Verlage erlebten, die „Covid-Müdigkeit“ eine Rolle gespielt haben dürfte.

Allgemein war 2021 laut Casals das „Jahr der Bezahlschranken in Spanien“: Mehrere spanische Verlage führten Abonnementmodelle ein, und viele warteten mit äußerst günstigen Einstiegsangeboten auf, wie sechs Monate für einen Euro. Folglich fand sich ARA, das seit 2015 eine Bezahlschranke einsetzt, plötzlich in einem Wettbewerb mit Billiganbietern wieder.

„Als unsere Mitbewerber ihre Abonnementmodelle einführten, begannen sie gerade erst mit dieser Einnahmequelle. Bei uns jedoch macht der lesergestützte Umsatz 65% unserer Einnahmen aus“, stellt Cuyàs klar. Dass ARA dem aggressiven Preiskrieg fernblieb, ist teilweise diesem Umstand geschuldet. Allerdings ist ARA auch der Überzeugung, dass sich billige Lockangebote später schnell in höhere Abwanderungsquoten verkehren.

Stattdessen ist die Bezahlschranke von ARA dynamisch. Dies bedeutet, dass sich die Einstiegsangebote für die einzelnen Leser unterscheiden können. Das Unternehmen hat in jüngerer Zeit erkannt, dass dies in bestimmten Fällen dazu führte, dass sich ein Abonnent nach dem Einstiegsangebot einem jähen Preisanstieg gegenübersah.

Um Abhilfe zu schaffen, führte ARA ein neues, günstigeres Abonnement ein, das nicht alle Vorzüge des Vollabos bietet, wie Kommentierung, Folgen und Download des E-Papers. „Wer also von einem sehr günstigen Einstiegspreis profitiert hat und dann mit einer deutlich teureren Verlängerung konfrontiert war, kann nun wieder zur günstigeren Option zurück“, macht Cuyàs deutlich.

Das Verhältnis zwischen Print- und Digitalabonnenten bei ARA liegt nahezu bei 50/50. Doch bei den Neuabonnenten entscheiden sich 95% für ein digitales Angebot. Diese Strategie ist gewollt, denn ARA will digitale Abonnenten gewinnen und einigen dann die Print-Version schmackhaft machen.

„Wir haben zahlreiche Upgrade-Strategien. So kann man sich die Zeitung für zehn Euro mehr sonntags nach Hause liefern lassen und entspannt lesen. Für uns ist das eine sehr gute Strategie“, so Casals abschließend.