Nederlands Dagblad: Wie eine christliche Zeitung die evangelikale Gemeinschaft der Niederlande anspricht

Das Team von Nederlands Dagblad bei der Aufnahme einer Live-Podcast-Folge bei einer christlichen Tagung.

Nederlands Dagblad ist ein nationales Medienhaus mit christlichen Wurzeln in den Niederlanden, das Nachrichten über Katholiken und Protestanten verbreitet. In den Niederlanden gibt es auch eine rund 200.000 Mitglieder umfassende Gemeinschaft der Evangelikalen, über die bislang kein Medienunternehmen berichtet. ND witterte die Chance und nutzte sie. Man begann im Herbst 2021, Inhalte über und für niederländische Evangelikale zu schreiben.


Kurzinfo: Nederlands Dagblad ist eine landesweite Zeitung, die 1944 gegründet wurde. Auch wenn sie ursprünglich auf einen reformierten protestantischen Hintergrund zurückgeht, ist sie heute als allgemeine christliche Zeitung zu betrachten. Das in Amersfoort ansässige Blatt zählt zu den drei unabhängigen Zeitungen des Landes und gehört einem niederländischen Unternehmen.

ND konzentriert sich auf allgemeine (in- und ausländische) Nachrichten und analysiert aktuelle Sachverhalte aus einem christlichen Blickwinkel. Ebenso schreibt die Zeitung über Politik, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Menschenrechte und Klimawandel. 1996 wurde sie zur ersten niederländischen Zeitung mit einer Website, und 2011 war sie die erste niederländische Zeitung, die eine Bezahlschranke einführte.

Zum Team gehören 45 Reporter und eine Reihe von Freiberuflern, die für 25.000 Abonnenten Artikel schreiben. Die Printausgabe zählt 14.000 Abonnenten, während die reine Digitalausgabe und die Hybridausgabe jeweils 4000 bzw. 7000 Abonnenten auf sich vereinigen. Der tägliche Newsletter des ND hat über 50.000 Leser. 85.000 Menschen erhalten den wöchentlichen Newsletter.


Von Robin van Deutekom, Botschafterin des Online-Teams, und Marina de Haan, Journalistin

Die Aufgabe: Erhöhung des Abonnentenbestands durch Fokussierung auf Evangelikale

Die Evangelikalen der Niederlande unterscheiden sich von ihren Glaubensgenossen in den USA. Unsere Evangelikalen sind politisch überwiegend dem linken Spektrum zuzuordnen. Sie sind regelmäßige Kirchgänger, glauben an einen persönlichen Gott und vertrauen stark auf das Gebet. Ebenso glauben sie an Wunder und das Übernatürliche und übertragen ihren Glauben auf ihren Alltag. Obwohl sich unsere Zeitung an christliche Zielgruppen wendet, wurde uns bewusst, dass wir den Großteil der 200.000 Evangelikalen noch nicht erreichten.

Die Herausforderung bestand darin, die Zahl der neuen evangelikalen Abonnenten um mindestens 50 % zu erhöhen. Für uns sind sie eine neue Zielgruppe. Wir müssen sie kennenlernen und bemühen uns intensiv, auf ihren Lifestyle zugeschnittene Inhalte zu schaffen.

Allgemeiner betrachtet half TSE, die Art und Weise zu verbessern, in der wir digitale Tätigkeiten in der Redaktion strukturieren. Und das nicht nur für unsere Zielgruppe, sondern für weitere Zielgruppen, die wir in Zukunft lancieren werden. Wir hoffen, dass TSE allen Redakteuren einen spürbaren, aber doch sanften Impuls in Richtung der digitalen Transformation gibt. Papier ist teuer, und um als Zeitung – oder „journalistische Einheit“
– zu überleben, müssen unsere Digitalabos zunehmen.

Unser TSE-Team besteht aus fünf Kollegen, die in verschiedenen Abteilungen eng zusammenarbeiten: Dick Schinkelshoek (Teamleiter, Religionsredaktion), Robin van Deutekom (Botschafterin des Online-Teams), Johan Wondergem (Marketingleiter), Rinder Sekeris (leitender Herausgeber) und Marina de Haan (Journalistin).

Entscheidungen: Einführung neuer Content-Arten und des Datenaustauschs in der Redaktion

Wir stellten zunächst eine Reporterin ein, die speziell über Evangelikale in den Niederlanden schreiben sollte. Marina gehört einer bekannten evangelikalen Kirche im Land an, versteht die Gemeinschaft und verfügt über ein großes Netzwerk. Nach und nach machten wir unsere aktuellen Leser mit Evangelikalen vertraut.

Seit Herbst 2021 schreiben wir für dieses Zielgruppensegment durchweg alle Arten von (Nachrichten-) Artikeln, Interviews und Analysen, außerdem führten wir einen speziellen Newsletter ein. Das ist ein schneller Erfolg. Das gilt auch für eine neue Story-Reihe. So begannen wir im Februar mit einer neuen wöchentlichen Interview-Serie „Aus der Tiefe“, in deren Rahmen Menschen ihre Schwierigkeiten mit der (geistigen) Gesundheit und ihrem Glauben darlegen.

Die Serie ist wiedererkennbar: So tauchen fast alle Artikel in den Listen der meistgelesenen Beiträge auf und gehen in das Premium-Segment über, d.h., sie sind nur für Abonnenten abrufbar. Die Artikel generieren neue Leser für unseren Newsletter, aber nicht viele neue zahlende Abonnenten.

Ebenfalls ein rascher Erfolg war, dass unsere Online-Redakteurin Robin in individuellen Gesprächen mit jedem Journalisten über die Nutzung von Daten sprach.

Alle Journalisten und Redakteure erhalten einen regelmäßigen Bericht über die CPIs (Content Performance Indicator) ihrer Artikel. Dabei handelt es sich um einen Index zur Messung der Leistung einer Story anhand von Exposition, Engagement und Loyalität.

Dabei führen wir ausführliche Umfragen durch, um herauszufinden, wie sie diese Berichte nutzen und – was noch wichtiger ist – was sie davon halten. Wir sind uns sicher, dass Redakteure die Berichte häufiger verwenden, wenn die Daten eine auch für Laien verständliche Übersetzung erhalten. Mit anderen Worten experimentieren wir mit der Aufarbeitung der Zahlen.

Die wichtigsten Fragen betreffen die psychologische Seite von Daten: Welche Gedanken und Vorbehalte haben sie im Hinblick auf die tägliche Nutzung von Daten? Sind sie offen dafür, dass Zahlen ihre Entscheidungsprozesse beeinflussen?

All das hat seit Ende der pandemiebedingten Einschränkungen erheblichen Auftrieb erhalten. Mehr Menschen arbeiten jetzt im Büro. Das Online-Team ist immer vor Ort und wurde bewusst in der Mitte unserer Redaktion angeordnet. Das Team hat es sich zur Gewohnheit gemacht, Schlagzeilen laut zu diskutieren. Dies bedeutet, dass sich alle Mitglieder der Redaktion (zumindest ansatzweise) mit der Aufmerksamkeit und den Denkprozessen vertraut machen, die mit dem Konzept des „Digital First“ verbunden sind.

Bis August 2022 hatte unser digitales Team gar keinen Redakteur.

Da dies nun der Fall ist, wird die Stimme des Online-Teams bei Redaktionssitzungen dasselbe Gewicht besitzen, und das ist ein wichtiger Erfolg.

All diese Schritte tragen dazu bei, dass die gesamte Redaktion versteht, warum wir TSE für unsere evangelikale Zielgruppe nutzen. Dies hat im TSE-Jahr die Neugier und Begeisterung unter Teamleitern und Redakteuren stetig wachsen lassen. Viele von ihnen können es kaum erwarten, selbst den Ansatz zu nutzen.

Was schwierig war: Wir haben uns zunächst auf viele Aspekte konzentriert, doch noch nicht darauf, an anderer Stelle Aufwand zu verringern (Stop doings). Doch seit Oktober 2022 beschäftigen wir ein kleines Team aus zwei Innovationsmanagern und einem Datenanalysten speziell für die digitale Transformation.

Wir haben herausgefunden, dass die „Angst vor leeren Seiten“, wonach nicht genug Inhalte für die Printausgabe bereitstehen, äußerst reell ist und einen lähmenden Effekt für alle Journalisten mit sich bringt, die das Konzept des „Digital First“ anwenden wollen. Die Print-Redakteure haben die Macht, weil das schon immer so war. Die meisten unserer Artikel werden aktuell noch immer zuerst für die Printausgabe geschrieben.

Ergebnis: Zielgruppenfokussierte Storys mit guter Online-Bilanz

Unser TSE-Ziel besteht darin, den Zustrom neuer evangelikaler Leser zu erhöhen (2021 stammten 500 neue Abonnenten aus dieser Gruppe, 2022 sollen es 750 sein). Im zweiten Quartal des Jahres stiegen die Abos von Evangelikalen um 63 %.

Eine Aktion, die dabei half, war der Promotion-Stand am Pfingstwochenende bei der größten christlichen Tagung in den Niederlanden. Das viertägige Event zog ungefähr 60.000 Besucher pro Tag an. An diesem Stand präsentiert wir unser eigenes Interviewprogramm mit speziellen Gästen sowie Workshops und nahmen einen Live-Podcast auf.

Außerdem bemühten wir uns, für unseren jüngst lancierten Evangelikalen-Newsletter E-Mail-Adressen zu sammeln, doch das funktionierte nicht wie erwartet. Überhaupt nicht! Also wandten wir uns dem Abo-Verkauf zu.

Ergebnis waren 250 neue Abonnenten (33 % unseres Ziels für das Jahr) bei der Tagung.

Damit liegt die Gesamtzahl evangelikaler Abonnenten inzwischen bei 700. Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Ziel von 750 bis Ende des Jahres erreichen werden.

Unser Evangelikalen-Newsletter begann mit einem Dutzend Leser. Jetzt sind es 372. Das ist noch weit von unserem Ziel von 1000 Lesern Ende 2022 entfernt. Es liegt aber auch an einem Verzug bei der Entwicklung eines neuen Newsletter-Tools, von dem wir uns eine große Wirkung für den Zustrom versprechen.

Alte und neue Leser nehmen die Evangelikalen-Storys auf unserer Website sehr gut auf. Diese haben den höchsten CPI der einzelnen Rubriken und sind ebenfalls die meistgelesenen Artikel aller Rubriken.

 

Leistungen im Rahmen von TSE:

Bei ihrer ersten TSE-Teilnahme wollte Nederlands Dagblad die evangelikale Gemeinschaft einbinden. Der Verlag ist aktuell auf dem besten Weg, die Zahl der Abos dieser Zielgruppe um 750 zu erhöhen. 30 % seiner neuen Abonnenten sind jetzt Evangelikale. Außerdem hat die Redaktion auf das Online-First-Konzept umgestellt, und der Verlag hat ein neues Mini-Publishing-Team mit Schwerpunkt auf christlichen Studierenden eingerichtet. Weitere Teams dürften folgen.

Haupterkenntnis durch TSE:

„Was wir gelernt und am meisten geschätzt haben, ist die Zusammenarbeit zwischen den Autoren in der Redaktion, der Marketingabteilung und den Online-Kollegen. Es war eine großartige Lernerfahrung, eng zusammenzuarbeiten und unsere Storys online und in der Druckausgabe zu verbessern.“